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LISA! Pädagogik - Lernstile

Lernstile beschreiben die bevorzugten Methoden und Ansätze, mit denen Individuen Informationen am effektivsten aufnehmen, verarbeiten und behalten, z. B. visuell, auditiv oder kinästhetisch.

 

Lernstile: Theorie, Kritik und Anwendung in der Hochschulbildung
Einleitung


Die Theorie der Lernstile nimmt in der Erziehungswissenschaft eine lange und kontroverse Position ein. Sie beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit Lernende verschiedene Präferenzen oder Neigungen beim Erwerb, der Verarbeitung und der Speicherung von Wissen aufweisen. Trotz der Popularität dieser Konzepte in der Bildungspraxis und ihrer weitverbreiteten Anwendung im Schul- und Hochschulkontext bleibt die empirische Evidenz für die Effektivität von Lernstilmodellen umstritten. In diesem Kapitel wird eine tiefergehende Analyse der Lernstiltheorien, ihrer wissenschaftlichen Basis und ihrer Implikationen für die Hochschulbildung vorgenommen. Im Fokus stehen dabei die theoretischen Grundannahmen, die kritische Reflexion empirischer Befunde sowie praxisorientierte Ansätze für die universitäre Lehre.

Sprachreisen für Erwachsene im individuellen Lernstil: 

 

1. Theoretische Grundlagen: Definition und Modelle von Lernstilen


Der Begriff "Lernstil" beschreibt die charakteristischen Vorgehensweisen, die ein Individuum beim Lernen bevorzugt. Verschiedene Modelle und Theorien haben versucht, diese Präferenzen zu systematisieren. Zu den einflussreichsten Ansätzen zählen das VARK-Modell von Neil Fleming (2001) und das Lernstil-Modell von David Kolb (1984).

VARK-Modell (Fleming, 2001)

Das VARK-Modell unterteilt Lernende in vier grundlegende Präferenztypen: visuelle (V), auditive (A), Lese-/Schreib-orientierte (R/W) und kinästhetische (K) Lernende. Fleming argumentiert, dass der Lernerfolg steigt, wenn Lernmethoden auf diese individuellen Vorlieben abgestimmt sind. Visuelle Lernende bevorzugen Bilder, Diagramme und graphische Darstellungen, während auditive Lernende durch Zuhören und Diskussionen besser lernen. Lese-/Schreib-Lernende arbeiten am effektivsten mit Texten, während kinästhetische Lernende durch praktisches Tun und körperliche Aktivitäten Informationen verinnerlichen.

Kolb's Modell des Erfahrungslernens (Kolb, 1984)

​David Kolbs Theorie basiert auf einem vierstufigen Zyklus des Erfahrungslernens: konkrete Erfahrung (CE), reflektive Beobachtung (RO), abstrakte Konzeptualisierung (AC) und aktives Experimentieren (AE). Kolb identifiziert vier dominante Lernstile, die aus der Kombination dieser Phasen resultieren: Divergierer, Assimilierer, Konvergierer und Akkommodierer. Diese Lernstile beschreiben, wie Lernende Informationen aufnehmen und verarbeiten. Divergierer bevorzugen konkrete Erfahrungen und reflektierende Beobachtung, während Konvergierer abstrakte Konzepte bevorzugen und direkt anwenden. Kolbs Modell hebt den dynamischen Charakter des Lernens hervor, da Lernende ständig zwischen den verschiedenen Phasen wechseln.

2. Kritik an den Lernstilmodellen


Während Lernstiltheorien in der Praxis weit verbreitet sind, haben sie aus wissenschaftlicher Perspektive erhebliche Kritik erfahren. Pashler et al. (2008) untersuchten die Evidenz für die Anpassung von Lehrmethoden an Lernstile und kamen zu dem Schluss, dass es keine überzeugenden Belege dafür gibt, dass der Lernerfolg durch die Berücksichtigung von Lernstilen signifikant verbessert wird. Im Folgenden werden einige der zentralen Kritikpunkte erläutert:

  1. Fehlende empirische Validität
    Obwohl viele Pädagogen in der Praxis auf Lernstile setzen, ist die empirische Grundlage dieser Modelle schwach. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Lernende auch dann erfolgreich lernen, wenn die Lehrmethoden nicht mit ihrem vermeintlichen Lernstil übereinstimmen (Coffield et al., 2004). Dies wirft Fragen auf hinsichtlich der Notwendigkeit und Wirksamkeit von Lernstil-angepasstem Unterricht.
  2. Statische Typologisierung
    Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die starre Typologisierung von Lernenden in festgelegte Stile. Die Theorie suggeriert, dass Lernende beständig dieselben Präferenzen aufweisen, obwohl empirische Untersuchungen zeigen, dass Lernstile situationsabhängig variieren können (Hawk & Shah, 2007). Lernende könnten in einem Kontext visuelle Informationen bevorzugen, während sie in einem anderen besser durch praktische Erfahrungen lernen.
  3. Gefahr der Kategorisierung und Etikettierung
    Die Anwendung von Lernstilen birgt die Gefahr, Lernende in Kategorien zu zwängen und ihre Lernfähigkeiten auf eine bestimmte Art des Lernens zu reduzieren. Dies kann zu einer Unterforderung führen, da sie davon abgehalten werden, andere Lernstrategien auszuprobieren. Zudem wird ignoriert, dass Lernen ein komplexer Prozess ist, der mehrere kognitive, emotionale und motivationale Faktoren umfasst.

3. Neuere Ansätze: Selbstreguliertes Lernen und Multimodalität


Statt Lernende fest in bestimmte Stilkategorien einzuordnen, setzt die aktuelle pädagogische Forschung verstärkt auf das Konzept des selbstregulierten Lernens. Dieses Modell, das von Forschern wie Zimmerman (2002) entwickelt wurde, betont die Bedeutung der Fähigkeit, eigene Lernprozesse bewusst zu steuern, zu überwachen und anzupassen. Lernende sind in der Lage, sich unterschiedliche Lernstrategien anzueignen und je nach Kontext die passende Methode zu wählen.

Multimodales Lernen hingegen legt den Fokus auf die Integration verschiedener Lehr- und Lernmethoden, unabhängig von den spezifischen Lernpräferenzen der Studierenden. Dies bedeutet, dass unterschiedliche Sinne und kognitive Prozesse gleichzeitig aktiviert werden, was zu einem tieferen Verständnis und besserem Behalten von Informationen führen kann. Diese Ansätze stellen den Lernenden in den Mittelpunkt und fördern eine flexible, reflektierte Herangehensweise an den Lernprozess.

4. Anwendung in der Hochschulbildung


Die Frage, wie Lernstile in der Hochschulbildung praktisch integriert werden können, bleibt offen. Angesichts der Kritik an starren Lernstilmodellen plädieren viele Dozierende dafür, einen breit angelegten, multimodalen Unterricht zu gestalten. Verschiedene didaktische Methoden – wie Vorträge, visuelle Präsentationen, Diskussionen und praxisorientierte Projekte – sollten kombiniert werden, um unterschiedliche kognitive Zugänge zu fördern.

Darüber hinaus sollten Hochschullehrende den Fokus auf die Förderung von metakognitiven Fähigkeiten legen. Durch die Vermittlung von Reflexionsstrategien können Studierende lernen, ihre eigenen Lernprozesse besser zu verstehen und individuell anzupassen. Dies befähigt sie, auch außerhalb des akademischen Rahmens kontinuierlich Lernstrategien zu entwickeln und anzuwenden.

Nachwort von Christian Geng: 


Obwohl Lernstiltheorien populär bleiben, zeigt die Forschung, dass ihre Anwendung nur begrenzte Auswirkungen auf den Lernerfolg hat. Vielmehr liegt die Stärke des pädagogischen Handelns in der Entwicklung eines flexiblen, multimodalen Ansatzes, der die Vielfalt der Lernmethoden betont und den Lernenden die Freiheit gibt, ihre eigenen Lernprozesse zu gestalten. In der Hochschulbildung sollte der Fokus daher weniger auf der Anpassung an vermeintliche Lernpräferenzen liegen, sondern auf der Förderung von Reflexion, Selbstregulierung und methodischer Vielfalt, um das individuelle Lernpotenzial voll auszuschöpfen.

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