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Was für englische Schulen typisch ist
Typisch für englische Schulen ist die Kombination aus strikter Disziplin, einem späteren Unterrichtsbeginn und einem längeren Schultag, der Raum für außerschulische Aktivitäten wie Sport und Kunst lässt. Das House-System fördert den Teamgeist und den internen Wettbewerb zwischen Schülergruppen, während die Schuluniform die Gleichheit unter den Schülern betont. Darüber hinaus legen englische Schulen großen Wert auf frühzeitige Spezialisierung in akademischen Fächern und intensive Vorbereitung auf die Universität.
Von Christian Geng
Was ist typisch für englische Schulen?
Diese Frage werfen unsere Schüler des öfteren bei einer England-Sprachreise für Schüler im Unterricht auf, nachdem sie englische Schüler in Uniform im Alltag beobachteten. Auch stellen sich viele Eltern und Schüler diese Frage, bevor sie einen Schüleraustausch in England buchen. Hier ist der Versuch, diese Frage aus der Praxis heraus zu beantworten:
1. Das englische Bildungssystem: Ein differenziertes Modell
Das englische Schulsystem ist in mehrere Phasen unterteilt und beginnt mit der „Primary School“ (Grundschule) für Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren. Danach wechseln die Schüler in die „Secondary School“ (weiterführende Schule), die bis zur Year 11 reicht. Hier legen sie die „General Certificate of Secondary Education“ (GCSE) Prüfungen ab. Anschließend haben Schüler die Möglichkeit, eine „Sixth Form“ oder ein „College“ zu besuchen, um sich auf die „A-Levels“ vorzubereiten, die für den Universitätszugang notwendig sind. Die frühe Entscheidung über die Fächerwahl ermöglicht eine Spezialisierung bereits ab einem Alter von 14 Jahren, was typisch für das englische System ist.
2. Das House-System: Gemeinschaft und Wettbewerb
Das House-System ist eines der ikonischsten Merkmale englischer Schulen. Es ist nicht nur auf Privatschulen oder Internate beschränkt, sondern kommt auch in vielen staatlichen Schulen zum Einsatz. Schüler werden in verschiedene „Häuser“ eingeteilt, die als kleinere Einheiten innerhalb der größeren Schule fungieren. Jedes Haus hat einen eigenen Namen, eine eigene Farbe und oft auch spezifische Symbole oder Leitsätze. Die Häuser stehen in einem freundlichen Wettstreit miteinander, sei es bei Sportveranstaltungen, akademischen Wettbewerben oder künstlerischen Aktivitäten. Dieses System fördert Teamgeist, Zusammenhalt und schult die soziale Verantwortung der Schüler.
Typisch für englische Schulen ist die Uniform
3. Uniformen: Ein Symbol für Gleichheit und Disziplin
Die Schuluniform ist in englischen Schulen (und im Alltag nach 16 Uhr) allgegenwärtig und ein sichtbares Symbol für Disziplin und Gemeinschaft. Typischerweise tragen die Schüler Blazer, Krawatten, Hemden und passende Hosen oder Röcke. Oft unterscheiden sich die Uniformen je nach Schule, und die Farben spiegeln die Traditionen und Werte der jeweiligen Institution wider. Die Uniformpflicht hat mehrere Funktionen: Sie symbolisiert Gleichheit, fördert ein Gefühl der Zugehörigkeit und reduziert soziale Unterschiede, die durch modische Kleidung entstehen könnten. Besonders in den traditionsreichen Internaten ist die Schuluniform mit strengen Regeln verbunden und wird oft in einem formellen Rahmen getragen, insbesondere bei Schulfeiern oder offiziellen Anlässen.
4. Akademische Exzellenz und frühe Spezialisierung
Ein wesentlicher Aspekt englischer Schulen ist die akademische Spezialisierung, die bereits ab dem Alter von 14 Jahren mit der Wahl der GCSE-Fächer beginnt. Anders als in vielen anderen Ländern, wo Schüler ein breites Spektrum an Fächern bis zum Abitur belegen, konzentrieren sich englische Schüler ab der Sixth Form auf wenige, stark vertiefte Fächer. Die „A-Levels“, die in der Oberstufe abgelegt werden, sind entscheidend für den Zugang zu Universitäten und ermöglichen es den Schülern, sich frühzeitig auf ihre akademischen oder beruflichen Interessen zu fokussieren. Diese Fächerwahl kann erhebliche Auswirkungen auf die weitere Laufbahn haben, da britische Universitäten eine klare Ausrichtung der A-Levels verlangen. Viele Schüler entscheiden sich für klassische Fächer wie Mathematik, Physik, Geschichte oder Fremdsprachen, während andere sich auf technische oder kreative Fächer spezialisieren.
5. Unabhängige und staatliche Schulen: Zwei Welten
Das englische Schulsystem ist bekannt für seine Unterscheidung zwischen staatlichen Schulen und unabhängigen Schulen, die oft als „Public Schools“ bezeichnet werden, obwohl sie privat finanziert werden. Diese „Public Schools“ haben einen hohen internationalen Ruf und bieten eine erstklassige Ausbildung. Zu den bekanntesten gehören Eton College, Harrow und Winchester College. Diese Schulen legen besonderen Wert auf akademische Leistung, aber auch auf außerschulische Aktivitäten wie Sport, Musik und Theater. Die Absolventen dieser Schulen sind oft Teil eines Netzwerks, das Türen zu den besten Universitäten und später zu führenden Positionen in der Wirtschaft, Politik oder Wissenschaft öffnet. Gleichzeitig gibt es auch in den staatlichen Schulen einen starken Fokus auf akademische Leistungen, obwohl die Ressourcen und die finanziellen Mittel im Vergleich zu den Privatschulen begrenzt sind.
6. Sport als zentrale Säule der Bildung
Sport spielt in englischen Schulen eine zentrale Rolle. Besonders die traditionellen Schulsportarten wie Rugby, Cricket, Hockey und Tennis haben einen hohen Stellenwert. Die Teilnahme am Schulsport ist oft verpflichtend, und viele Schulen bieten darüber hinaus spezielle Sportprogramme oder Wettkampfmannschaften an. Diese Programme sind nicht nur ein Mittel zur körperlichen Ertüchtigung, sondern fördern auch den Teamgeist, die Disziplin und die persönliche Entwicklung. In vielen Schulen gibt es auch große jährliche Sportfeste, bei denen die Häuser gegeneinander antreten. Diese Wettbewerbe werden oft mit großer Begeisterung verfolgt und tragen zur Schulgemeinschaft bei.
7. Kreative und künstlerische Bildung: Mehr als nur Theorie
Neben der akademischen und sportlichen Bildung haben auch Kunst, Musik und Theater eine wichtige Stellung im englischen Schulsystem. Viele Schulen bieten exzellente Möglichkeiten, sich in diesen Bereichen weiterzuentwickeln. In den meisten Schulen gibt es Schulchöre, Orchester, Theatergruppen und Kunstclubs. Besonders in den unabhängigen Schulen wird großen Wert auf eine ganzheitliche Bildung gelegt, bei der die Schüler neben den akademischen Anforderungen auch ihre kreativen und künstlerischen Talente entfalten können. Die Teilnahme an schulischen Aufführungen und Kunstausstellungen ist ein wichtiger Bestandteil des Schulalltags und wird als wesentlich für die persönliche Entwicklung der Schüler angesehen.
8. Pastoral Care: Persönliche Betreuung und Unterstützung
Ein weiteres charakteristisches Merkmal englischer Schulen ist die starke Betonung auf die persönliche Betreuung der Schüler, die als „Pastoral Care“ bekannt ist. Besonders in den Internaten, aber auch in vielen Tages- und staatlichen Schulen, gibt es spezifische Betreuungssysteme, bei denen Lehrer oder spezielle Betreuer den Schülern in akademischen, aber auch persönlichen Belangen zur Seite stehen. Diese Unterstützung umfasst Beratungsgespräche, Hilfen bei Lernschwierigkeiten oder auch die Betreuung bei emotionalen und sozialen Problemen. Ziel ist es, die Schüler ganzheitlich zu fördern und sicherzustellen, dass sie sich sowohl akademisch als auch persönlich entwickeln.
9. Schulinspektion durch Ofsted: Qualitätssicherung im Bildungswesen
Die Qualitätssicherung der englischen Schulen wird durch die unabhängige Inspektionsbehörde „Ofsted“ gewährleistet. Alle Schulen, ob staatlich oder privat, werden regelmäßig von Ofsted überprüft, um sicherzustellen, dass sie hohe Bildungsstandards einhalten. Die Inspektionen umfassen Unterrichtsqualität, Führung, Schülerentwicklung und das Wohlbefinden der Schüler. Diese Bewertungen sind öffentlich einsehbar und dienen Eltern als Entscheidungshilfe bei der Schulwahl. Besonders in wettbewerbsintensiven Regionen wie London oder den großen Universitätsstädten spielen die Ofsted-Bewertungen eine entscheidende Rolle.
10. Der Einfluss der Traditionen und Rituale
Englische Schulen, besonders die renommierten Privatschulen, sind durchdrungen von jahrhundertealten Traditionen und Ritualen. Viele dieser Schulen haben spezielle Zeremonien, wie den „Speech Day“, an dem herausragende Schüler geehrt werden, oder das „Leavers’ Dinner“, das den Abschluss des Schullebens markiert. Diese Rituale sind oft stark mit der Geschichte der jeweiligen Institution verknüpft und schaffen ein Gefühl der Kontinuität und Zugehörigkeit. Diese Traditionen prägen das Leben an den Schulen und tragen dazu bei, die Identität der Schüler zu formen.
11. Der spätere Unterrichtsbeginn und längere Schultag
Ein weiteres Merkmal englischer Schulen ist der spätere Unterrichtsbeginn im Vergleich zu vielen anderen Ländern. Während in vielen Ländern der Unterricht oft bereits um 7:30 Uhr oder 8:00 Uhr beginnt, fängt der Unterricht in englischen Schulen in der Regel später an, häufig erst gegen 8:30 Uhr oder 9:00 Uhr. Diese Anpassung basiert auf Forschungsergebnissen, die zeigen, dass Jugendliche in den Morgenstunden oft weniger leistungsfähig sind und ein späterer Start ihre Konzentration und Lernfähigkeit positiv beeinflusst.
Der spätere Unterrichtsbeginn hat jedoch zur Folge, dass auch das Unterrichtsende später angesetzt ist. Häufig endet der Schultag nicht vor 16:00 Uhr, insbesondere in den weiterführenden Schulen, und wird oft durch außerschulische Aktivitäten verlängert. Dieser verlängerte Schultag ermöglicht es den Schülern, neben dem regulären Unterricht ausreichend Zeit für Sport, Musik, Kunst und andere Zusatzaktivitäten zu haben, die eine zentrale Rolle im Bildungskonzept englischer Schulen spielen.
Der längere Schultag ist charakteristisch für das englische Schulsystem und trägt dazu bei, dass Schüler nicht nur akademisch, sondern auch in verschiedenen anderen Bereichen umfassend gefördert werden.
